Mit skeptischem Blick betrachte ich den löchrigen Schotterweg, der vor uns liegt. „Denkst du, er meinte hier die Straße?“ frage ich zweifelnd.
„Ja, auf der Hauptstraße wird es nachher bergig und anstrengend“, lautet die Antwort.
Seufzend wende ich mich und mein Fahrrad also von der „guten“ Straße ab und biege ein in diesen Weg, der laut Inselplan die „Jungle Road“ sein soll.
Mühsam kommen wir die nächsten Meter voran, ein Schlagloch tiefer als das andere. Unser Glück, dass der Regen letzte Nacht nicht stärker war.
Doch schon nach der nächsten Kurve löst glatter Teer den Schotter ab und das Radfahren läuft fast wie von alleine. Wir radeln an den Mangrovenwäldern vorbei, Verkehr gibt es hier fast keinen und auch sonst sieht man außer üppigem Grün nicht viel. Der Reiseführer scheint zu irren, so karg sieht es hier gar nicht aus.
Sehr bald stehen wir vor unserem ersten Ziel: Die Yellow Bridge. Dem unfassbar traurigen Unfall 2016, bei dem die alte gelbe Brücke nach einer balinesischen Zeremonie durch die starke Belastung zusammenbrach, folgte ein schneller Wiederaufbau. Und nun stehen wir vor dieser neuen gelben Brücke,
die Nusa Lembongan und Nusa Ceningan miteinander verbindet. Die Metallkonstruktion ist sichtbar neu, die beiden Opferstätten jeweils am Anfang und Ende der Brücke sind mit Räucherstäbchen und kleinen Gaben überfüllt – eine Wiederholung dieser Tragödie will niemand.
Auch wir radeln nun auf die kleine Nachbarinsel und der Kontrast der gelben Farbe mit dem fast unwirklich türkisen Wasser ist phänomenal. Wir folgen den wenigen Schildern Richtung „Cliff Jumping“, auch wenn wir das sicher nicht wagen. Verfahren kann man sich hier nicht, die Hauptstraße fährt einmal um die Insel. Wir kommen vorbei an kleinen Cafes, an Bars mit frischen Säfte, an kleinen Lädchen, in denen man das Nötigste bekommt und immer im Hintergrund zu sehen: Das unglaubliche Wasser, so viel heller als der Himmel.
Die Strecke – eigentlich nicht weit – dauert eine halbe Ewigkeit. Ich gönne der Kamera keine Pause. Ständig muss ich anhalten und versuchen, dieses Panorama auch nur ansatzweise einzufangen.
Nach kurzer Zeit wird der Weg steiler und die Pedale treten mühsam. Der Schwung von unten reicht nur bis zu Hälfte, wir kommen um das Schieben nicht herum. Warum genau haben wir nicht gleich kein Moped gemietet?
Schwer atmend kommen wir endlich oben an und wenden uns nach rechts. Blue Lagoon lesen wir auf einem Schild. Wer kennt „Die blaue Lagune“ aus den 80’ern? Diesem Schild muss ich folgen.
Die Räder sind schnell abgestellt, das Tosen des Ozeans schon von weitem zu hören und plötzlich stehen wir an einer Klippe. Unter uns in der Lagune brechen sich die Wellen mit unglaublicher Kraft gegen die Felsen, weißer Schaum krönt das blaue Wasser. Dann zieht es sich zurück, nur um gleich wieder mit noch größerem Krawall gegen die Steinwand zu schlagen.
Was ein Spektakel!
Der kühle Wind tut gut nach dieser kleinen Bergtour mit dem Fahrrad und der Ausblick ist Belohnung genug. Kann es eigentlich noch schöner werden?
Wir fahren ein Stück zurück und finden den Mahana Point – ein kleines Café. Hoch oben auf der Klippe
schlürfen wir unsere frischen Säfte, das kräftige Rauschen der Wellen, die sich weiter unter uns brechen, sind unser Soundtrack dazu. Kaum zu glauben, dass Cliff Jumping von hier aus möglich sein soll.
Ich sehe mich um und meine Augen bleiben an einem Punkt hängen. Ein kleiner Flecken Strand. Fast menschenleer. Das nächste Ziel steht also fest.
Wir schieben die Räder nur ein kleines Stück weiter und finden etwas versteckt eine Treppe. Wir steigen die Stufen hinunter, vorbei an den Secret Point Hut’s, einer kleinen Hotelanlage und stehen tatsächlich im warmen weißen Sand. Nur eine ganz kleine Bucht mit ganz ruhigem, klaren Wasser – perfekt zum Schwimmen und Sonnenbaden.
Ein paar wenige Surfer sieht man in weiter Ferne, denn die Wellen brechen sich viel weiter draußen. Wir breiten unsere Liegetücher aus und genießen.
Wir dösen etwas und wenig später zieht sich das Wasser zurück. Auch bei Ebbe hat dieser Ort seinen Reiz. Die grünen Steinkorallen tauchen auf und fast alle der wenigen Sonnenanbeter starten eine kleine Wanderung. Vielleicht entdeckt ja jemand einen Seestern?
Wir sammeln Muscheln, sehen kleine Fische und sind begeistert: Eine kleine ruhige Oase inmitten des sonst so lebendigen Balis.
Bald ist früher Nachmittag und wir schwingen uns wieder auf unsere Räder. Einmal kraftvoll in die Pedale getreten und nach einem lauten Krachen hängt die Gangschaltung am Boden.
Was jetzt? Die Hände sind schmierig, wir haben alles versucht, aber das Rad ist hinüber. Wie kommen wir denn jetzt zurück?
Schnell ist die Idee geboren: Den Sitz ganz nach unten stellen, an die Kindheit erinnern und schon kann es mit dem neuen Tretroller weitergehen.
Der steile Hügel ist jetzt unser Freund. Wir lassen uns einfach rollen und nutzen den Schwung fast den ganzen Weg zurück bis zur gelben Brücke. Gut, dass hier noch weniger Verkehr herrscht als auf Lembongan.
Zurück auf der großen Schwesterinsel wird der Weg allerdings etwas anstrengender. Da sind sie plötzlich, die steilen Hügel, vor denen uns unser Gastgeber gewarnt hat. Aber auch an Fahren ist kaum zu denken, die Sonne ist warm und die Beine müde. Wir schieben uns bis an den höchsten Punkt und werden am Panorama Point mit einem tollen Ausblick belohnt. Keine Klippen und keine Wellen, dafür breitet sich Nusa Lembongan vor uns aus. Viele kleine rot-braune Dächer inmitten von viel Grün. Der Küstenstreifen mit ganz hellem Sand und viel blauem Wasser.
Von dort lassen wir uns nur noch rollen, nutzen den Schwung so lange wie möglich und landen schließlich bei unserem Radverleih. Die Dame fragt mit einem strahlenden Lächeln nach unserem Tag.
Toll war’s, wunderschön! Und auch das kaputte Rad trägt dazu bei, denn so schnell vergessen wir diesen Ausflug sicher nicht. Bestürzt über unseren Nachmittag will sie unsere kleine Entschädigung fast nicht annehmen.
Es war heiß und es war anstrengend und wäre mit einem Moped sicher schneller. Aber die Ausblicke waren unglaublich, der Fahrtwind die pure Wohltat.
Lembongan und Ceningan – es gibt nur wenige Bars und der Laden um die Ecke hat nur das Nötigste im Angebot. Aber das macht euren Charme aus. Bis bald, ihr neuen Lieblingsorte.
Welche tollen Spots hast du auf Nusa Lembongan und Nusa Ceningan entdeckt? Ich freue mich über deinen Kommentar.
4 thoughts