„Und dann sind wir – nur mit den Stirnlampen am Helm – durch diese dunkle, enge Höhle gewandert. Das war der Hammer!“
Du hörst deiner Freundin zu, die mit strahlenden Augen von ihren Abenteuern aus Vietnam erzählt.
„Und hast du das geplant?“, fragst du.
„Geplant? Ich wusste noch nicht einmal, dass es diesen Nationalpark gibt. Davon hat mir jemand in Hanoi erzählt“, lautet die Antwort.
Es läuft dir eiskalt den Rücken runter bei so viel Ungeplantheit im Urlaub. Und doch, ein kleiner Nadelstich pikst dich in die Seite. Eigentlich würdest du diese Höhle selbst gerne sehen…
Die schlechte Nachricht: Diesem einen Nadelstich werden in Zukunft weitere Folgen. Du wirst dieser einen Freundin zuhören, dann wird dein Kumpel von seinen Abenteuern in Südamerika erzählen, während das Pärchen aus der Nachbar-WG den Roadtrip durch die USA plant.
Und diese Nadel wir dich wieder und wieder piksen. Du wirst dich vor dein Tablet setzen und Bilder der vielen Orte anschauen, von denen du immer wieder hörst und dabei denken: Das wär doch mal was! Aber ich kann das nicht.
Jetzt kommt die gute Nachricht: Doch, du kannst. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem dein Schmerz so groß ist, dass du nicht anders kannst, als diese eine Freundin wieder anzurufen und sie bitten, dir nochmal genau zu erklären, wo dieser Nationalpark ist. Und wie du da hinkommst. Und wieviel Geld du dafür brauchst.
Auch wenn du jetzt gerade noch denkst, dass selbst geplante (oder eben ungeplante) Trips nichts für dich ist und du das nicht schaffst, dann kann ich dir versichern: Doch, du kannst und du wirst. Denn wenn du das Piksen spürst, wirst du es nicht mehr los.
Denn wovor hast du Angst?
Du kannst jetzt ganz tief in der Kiste mit den Ausreden wühlen:
- Das ist so gefährlich
- Ich weiß nicht, ob mir das Land gefällt
- Bestimmt schmeckt mir das Essen nicht
- Ich weiß nicht, wie ich alles vor Ort buchen soll
- Was mache ich, wenn alle Zimmer ausgebucht sind
- Ich habe niemanden, der mit mir reist
Diese Liste kannst du jetzt noch unendlich weiterführen und dir selbst weiter einreden, dass solche Reisen für dich nichts sind. Aber glaub mir, der Nadelstich bleibt.
Denn wenn du in einem ruhigen Moment in dich reinhörst, wirst du wissen, dass es tatsächlich nur Ausreden sind. Du kannst nicht vom heimischen Sofa aus wissen, ob dir das Essen schmecken wird. Vielleicht hast du ja Recht und es schmeckt dir nicht. Schlimmer noch: Du verträgst es nicht. Aber dann isst du eben nur gekochten Reis ohne alles. Den gibt es nämlich immer (Pommes übrigens auch). Und dann wird deine Reise zwar für dich (leider) kein kulinarisches Highlight, aber die krasse Höhlenwanderung, von der deine Freundin erzählt hat, wird trotzdem dein Höhepunkt.
Nicht nur das. Wenn du es schaffst, über diesen furchtbar riesigen Schatten zu springen, der sich dir im Augenblick so hartnäckig in den Weg stellt, dann wirst du von dieser Höhle und allen anderen aufregenden Abenteuern noch so lange schwärmen.
Dann sitzt du irgendwann da und erzählst mit leuchtenden Augen, wie geil dieser Trip war und jemand anderes sitzt dir gegenüber und denkt sich: Das kann ich nicht.
Und vielleicht sagst du dann laut: Doch, du kannst.
Es wird immer Dinge geben, vor denen du Angst hast. Damit meine ich nicht nur Reisen in ferne Länder, die du dir selbst organisierst. Das sind auch Dinge, die dir im Alltag begegnen.
Willst du für immer in diesem einen Job arbeiten, in dem du dich absolut unwohl fühlst, nur weil du Angst hast, dass es in einem neuen Job auch nicht besser wird? Klar, vielleicht wird es das nicht. Aber dann suchst du eben weiter.
Willst du für immer in dieser kleinen Stadt wohnen bleiben, nur weil du Angst hast, dass es dir in der großen Stadt doch nicht gefällt? Klar, vielleicht ist die neue Stadt hässlich und zu laut. Aber dann ziehst du eben in eine andere.
Du wirst nie wissen, ob es nicht doch besser werden kann, wenn du es nicht probierst und deine Komfortzone verlässt (auch wenn ich diesen Ausdruck nicht besonders mag).
Egal, an welchem Punkt in deinem Leben du jetzt bist, mindestens eine Ach-hätte-ich-doch-Erinnerung hast du bestimmt jetzt schon. Wie schlimm wird das erst in Zukunft sein?
Natürlich sind Jobwechsel und Umzüge in fremde Städte extreme Veränderungen, die du nicht leichtfertig angehen solltest. Deswegen eignen sich Reisen so großartig für deine ersten Gehversuche außerhalb deines Wohlfühlbereiches.
Damit wagst du einen ersten Schritt, der wahrscheinlich eine ganze Lawine nach sich zieht. Auch wenn es nicht der neue Job ist, so wird es nach der Höhlenwanderung in Vietnam vielleicht der Roadtrip durch Schweden. Oder der Campingtrip durch die Nationalparks in den USA. Lass dich von dir selbst überraschen!
„It takes courage to grow up and become who you really are.“ - E. E. Cummings.
Über welche Schatten bist du schon gesprungen? Ich freue mich auf deine Geschichte.
Schöner Blog und aufbauende Artikel. Freie mich auf mehr ?
Hallo ReiseEule (sehr schöner Name!!)
Vielen Dank für deine lieben Worte 🙂