Paris? Da war ich doch schon. Croissant, Café au lait und niemand spricht Englisch.
Und trotzdem stehe ich jetzt hier, auf dem Champ de Mars, und halte ein Ticket für den Eiffelturm in meiner Hand. Es ist früher Vormittag, die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel auf diese Stadt, die ich schon kenne und verspricht einen warmen Septembertag.
Vor mir erhebt sich 324 Meter in die Höhe die Stahlkonstruktion des Eiffelturms. Auch die Aussicht von dort oben kenne ich schon, meine Aufregung hält sich also in Grenzen.
Ich stelle mich in die Schlange, die zu dieser frühen Stunde noch erfreulich kurz ist. Die Taschenkontrolle ist schnell geschafft. Ich finde den richtigen Aufzug, denn nicht überall gilt mein Ticket und auch hier geht es zügig voran.
Um mich herum höre ich alle Sprachen: Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch, Portugiesisch, Chinesisch. Alle halten ihre Tickets griffbereit und sind aufgeregt. Nur ich nicht. Kenne ich ja schon.
Wir quetschen uns in den großen Aufzug und nach einer kurzen Fahrt spuckt er uns auch schon wieder aus, wir sind im 1. Stock angekommen. Die Engländer, Franzosen, Spanier, Polen, Portugiesen und Chinesen stürmen direkt voran und ich bleibe zurück. Ich habe ja Zeit und nicht besonders viel Lust.
Nach ein paar Minuten wird mir jedoch ganz mulmig zu Mute. Gab es diesen Glasboden hier schon immer? Unsicher laufe ich am Rand entlang, auf diese unsichere Fläche setze ich keinen Fuß. Aber der Blick ist interessant. Unter mir laufen die Menschen, klein wie Ameisen umher und suchen den passenden Aufzug zu ihrem Ticket.
Vorsichtig trete ich mit einem halben Fuß aufs Glas, der zweite folgt. Ich muss schmunzeln, das ist macht ja fast schon Spaß.
Das Café lasse ich außer Acht und laufe weiter zu den Aufzügen, die mich auf die zweite Etage bringen sollen. Wieder stehen sie um mich herum, die Engländer, Franzosen, Spanier, Polen, Portugiesen und Chinesen. Sie halten sich an ihren Tickets fest und sprechen ganz aufgeregt miteinander. Was für ein besonderes Erlebnis das für sie sein muss!
Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir die zweite Etage auf 115 Metern Höhe. Ich gehe langsam durch die vielen Menschen bis zum Geländer und lasse den Blick schweifen. Ich sehe schöne Häuser und frage mich, wie wohl die Wohnungen darin aussehen. Ich sehe Parks und Grünflächen und frage mich, wie es wohl ist, dort zu liegen und die Lebendigkeit der Stadt an mir vorbei ziehen zu lassen. Ich sehe Straßen und viele Autos und frage mich, wie es wohl ist, dort mit einem schicken kleinen Flitzer auf dem Nachhauseweg im Stau zu stehen.
Ich laufe an der Brüstung entlang und sehen die Seine, das Palais du Trocadero und die Pont d´lena, auf der zur Mittagszeit der Schatten des Eiffelturms liegt. Und muss lächeln dabei. Wie schön das aussieht!
Die Stahlkonstruktion ist beeindruckend. Seit 1889 ist der Turm aus dem Pariser Stadtbild nicht wegzudenken, das Wahrzeichen, weswegen Jahr für Jahr an die 30 Millionen Touristen nach Paris reisen.
Ich lächele wieder. Kenne ich ja alles schon. Und trotzdem, dieser Ausblick ist besonders.
Ich starte meine letzte Etappe, die mich nach ganz oben bringen soll, die dritte und letzte Etage in 276 Metern Höhe. Die Aufzüge sind klein und eng. Dicht gedrängt stehen wir beieinander und die Spannung ist greifbar. Auch ich bin mittlerweile angesteckt und kann es kaum erwarten.
Ich schiebe mich aus dem engen Käfig und steuere direkt die kurze Treppe an, die Ausstellung kann ich auch später ansehen. Ich trete aus dem verglasten Bereich ins Freie und muss nach dem Geländer greifen. Die Höhe habe ich unterschätzt.
Paris liegt mir zu Füßen, mit seiner Schönheit, seiner Einzigartigkeit. Mit seinen Cafés und Restaurants. Mit seinen Einkaufsstraßen und kleinen Gässchen. Mit seiner Seine und den Booten. Mit seinen zugeparkten Straßen und den vielen Metrostationen.
Vor mir liegt die Stadt, die ich schon kenne. In der man Croissants isst, die wahnsinnig lecker sind. In der man Café au laut trinkt, der mir als Teetrinker zu bitter ist. In der manchmal der ältere Kellner kein Englisch spricht und du trotzdem freundlich die richtige Bestellung bekommst. In der man mit einem Boot über die Seine gleitet und bei Sonnenuntergang einen gigantischen Blick auf diesen Turm hat, auf dem ich jetzt stehe.
Ich lasse die Sonne auf mein Gesicht scheinen und den Wind durch meine Haare wehen und sehe auf die Uhr. Mehr als zwei Stunden sind mittlerweile vergangen seit ich dort unten stand. Und ich muss lächeln.
Paris, du zeigst mir heute ein neues Gesicht. Und ich bin verliebt, denn du bist wunderschön.
Warum hast du dich in Paris verliebt? Ich freue mich auf deine Geschichte.
Liebe Magdalena,
auch ich gehöre zu den Glücklichen, die Paris kennen lernen durften: ein Spaziergang an der Seine, bummeln auf der Champs-Elysees, in der Sonne sitzen an der Notre Dame, Tränen auf dem Place d´Italie, Abendessen in Montmartre, und und und…
Nur den Eiffelturm habe ich nie besucht. Mir war immer sein „kleiner Bruder“ in Berlin sympatischer.
Dein mitreißender Bericht hat mich allerdings neugierig gemacht. Ich konnte beim Lesen sowohl Deine wachsende Begeisterung, als auch Deine Höhenangst mitfühlen. Bei meinem nächsten Paris-Besuch werde ich dem Eiffelturm eine Chance geben mich genauso zu beeindrucken.
Und sollte ich Deine Begeisterung nicht teilen können, halte ich es eben mit Guy de Maupassant, der dem Turmrestaurant regelmäßig einen Besuch abstattete, da dies „der einzige Ort in Paris ist, wo man den Turm nicht sehen muss“.
Ich freue mich auf weitere Berichte von Dir!
Viele Grüße
Rebecca
Liebe Rebecca,
vielen Dank für Deine lieben Worte! Ich freue mich, dass ich Dich animieren konnte, dem Eiffelturm doch eine Chance zu geben. Ich garantiere Dir: Du wirst nicht enttäuscht sein, denn Paris von oben ist ebenso beeindruckend wie am Boden.
Vielleicht laufen wir uns mal in Paris über den Weg, dann trinken wir auf jeden Fall einen Café au lait zusammen. Oder ein Weinchen 😉
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende!
Liebe Grüße
Magdalena
Liebe Magdalena,
was für ein schöner Post – so persönlich, da bekommt man direkt einen ganz anderen Blick auf die Stadt als durch einen „gewöhnlichen“ Reisebericht. Finde ich super toll!
Danke auch für deinen lieben Kommentar! 🙂 Leider kann ich ja nicht antworten bei mir, darum eben so. Ich mag deinen Blog total, weil er so persönlich ist.
Ganz liebe Grüße, deine Hannah
Hallo Hannah,
vielen Dank für deine lieben Worte zu meinen Bericht. Am Ende sind es doch die Emotionen, an die wir uns erinnern 🙂
Ich habe schon gelesen, dass du bei deinem Blog leider nicht antworten kannst, aber wie du ja selbst schon erfahren konntest: Selbst wenn es eine Kommentar-Funktion gibt, funktioniert die nicht immer. Umso schöner, dass es jetzt geklappt hat.
Viele liebe Grüße zurück und bis bald
Magdalena