„Was ist dein Happy Place?“ – das fragt Hannah von Spirit of Traveling und ruft damit zu einer Blogparade auf. Ich komme ins Grübeln: Ja, was bedeutet das für mich?
Ich sitze am Schreibtisch und denke über diese Frage nach. Ist das ein Ort für mich? Ist es eine Person? Oder eine Tätigkeit, Yoga vielleicht?
Die Antwort fällt mir nicht leicht. Klar, ich liebe Yoga und genieße meine Zeit auf der Matte. Mal ist es anstrengend und mal ruhig, aber immer fühle ich mich danach entspannt und irgendwie leichter. Die Sorgen, die ich mit mir trage, wiegen plötzlich nicht so schwer und ich freue mich auf den Tag, der vor mir liegt. Aber ist das schon mein Happy Place?
Meinen Lieblingsmenschen habe ich vor einigen Jahren zufällig gefunden. Er ist mein Zuhause, egal wo ich bin. Mit jedem Problem und mit jeder Idee kann ich zu ihm kommen und ich weiß, ich werde unterstützt. Ist er mein Happy Place?
Beides sehr gute Anwärter auf diese Position. Und doch kehren meine Gedanken immer wieder zu einem Ort zurück. Zu den wenigen Stunden, die ich dort – teilweise ganz alleine – verbringen durfte und der dieses komische Kribbeln in mir auslöst.
Ich blättere durch meine Bilder. Im Gegensatz zu den vielen anderen Orten, die ich schon erleben durfte, finde ich zu diesem gar nicht viele. Und obwohl es schon einige Jahre her ist, ist die Erinnerung noch so lebendig, als wäre ich gestern erst dort gewesen.
Ich erinnere mich an rote Felsen bei Sonnenuntergang. An einen hellen Mond, der in der Nacht alles mit flüssigem Silber bedeckt. An die Stille am Morgen, kurz bevor die Sonne aufgeht. Ich erinnere mich an das Monument Valley und die Magie, die dieser Ort für mich ausstrahlt.
Monument Valley – Touristenmagnet und Ruhepol
Wir kamen am späten Nachmittag mit unserem Wohnmobil an. Die Sonne stand schon tief und die Besucher sammelten sich zahlreich, um ein Foto der spektakulären Landschaft zu ergattern. Ich stand ebenfalls dort, auch mit meiner Kamera bewaffnet und trotzdem konnte ich die vielen Menschen um mich herum ausblenden. Völlig.
Denn vor mit gab es so viel zu sehen. Ich lies meinen Blick wandern und konnte mich nicht satt sehen: Die rote Farbe der Felsen, den immer dunkler werdenden Himmel, die dicken Wolken, die ganz weit weg die Regentropfen Richtung Boden schickten. Das alles wirkte unecht. Wie im Film oder wie in der Werbung. Diesen Ort gibt es also tatsächlich!
Wir blieben bis die Sonne sich hinter dem Horizont versteckt hatte. Und wollten nicht mehr weg. Der nächste Campingplatz erschien uns so fern. Also blieben wir. Mitten auf dem Parkplatz. Allein.
Ich schlief unruhig in dieser Nacht. Der Mond schickte seine hellen Strahlen durch das Fenster neben mir. Fast als wolle er mich nach draußen locken.
Kurz vor Sonnenaufgang hielt ich es nicht mehr aus. Leise zog ich mich an, um die anderen nicht zu wecken. Schal und Mütze mussten mit, denn ohne die wärmenden Strahlen der Sonne war es empfindlich kalt.
Der Parkplatz lag verlassen vor mir, im kleinen Hotel am Rande des Valley schien noch niemand wach. Ich machte mich auf den Weg. Nicht zu der Plattform mit der besten Aussicht, auf der sich sicher schon bald wieder die Fotofreunde sammeln würden. Ich ging nach rechts, lief bald nicht mehr auf Asphalt sondern durch den rötlichen Sand. Bei jedem Schritt sanken meine Turnschuhe tiefer ein.
Ich ging vorbei an kargen Büschen und großen Steinen, auf der Suche nach dem perfekten Platz. Die Sonne war schon greifbar nah, die Luft nicht mehr ganz so kalt.
Und dann war er plötzlich da, mein Happy Place. Hinter einem weiteren Gebüsch versteckt ragte ein flacher grauer Fels aus dem sandigen Boden. Als hätte er auf mich gewartet.
Ich setzte mich hin und schloss die Augen. Die ersten Sonnenstrahlen waren nur noch Augenblicke entfernt. Hören konnte ich nichts. Ich hörte keine Menschen, ich hörte keine Autos oder Flugzeuge. Nicht mal ein Adler wagte, diesen magischen Moment zu stören.
Als das warme Licht der Sonne auf mein Gesicht traf, öffnete ich meine Augen. Und musste lächeln. So breit wie schon lange nicht mehr. Ich war meilenweit von Zuhause entfernt, ich lebte seit Tagen mit drei anderen Menschen auf engstem Raum zusammen, ich schlief im fremden Bett nicht besonders gut und die letzte ausgiebige Dusche war schon einige Tage her. Das alles war plötzlich nicht mehr wichtig. Hier war der Ort, den ich gefunden hatte ohne zu wissen, dass ich auf der Suche war.
Ich speicherte das Bild auf meiner Netzhaut. Und da ist es heute noch. Bei diesem magischen Sonnenaufgang am Monument Valley, auf meinem grauen Stein hatte ich keine Kamera dabei. Ich hab sie nicht gebraucht. Ich kann mich seit Jahren sowohl an die Landschaft als auch an das Gefühl erinnern, das sich mir dort bot.
Ich weiß nicht, warum ausgerechnet das mein Happy Place geworden ist. Es gibt noch andere Orte, an denen die Stille so vollkommen, die Luft so klar ist und der Blick so weit geht. Und doch bleibt das Monument Valley eine Einzigartigkeit, an die ich mich erinnern kann, auch ohne Bilder zu sehen oder gemeinsame Erinnerungen auszutauschen. Deswegen ist mein Happy Place – obwohl in Wirklichkeit so weit weg – doch immer bei mir.
„Was ist los?“, wurde ich – zurück am Camper – gefragt. „Was grinst du so?“ Ich konnte es nicht erklären. Aber das musste ich auch nicht, die anderen hatten mich trotzdem verstanden.
Hast du auch ein Happy Place? Erzähl uns davon in den Kommentaren.