Der Boden unter mir wackelt bedenklich. Durch die breiten Holzlatten kann ich das türkis-grüne Wasser kleine Wellen schlagen sehen.
Ich sehe mich um. Ich bin umgeben von Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die beiden älteren Damen, die eng beieinander stehen und skeptisch die Situation betrachten.
Die Familie mit den beiden kleinen Kindern, die wild umherspringen und nicht abwarten können, dass es endlich los geht.
Die Gruppe junger Chinesen, die alles durch die Linsen ihrer Kameras und auf den Displays ihrer Smartphones betrachten.
Am entspannten sind da noch die zwei Hunde, die sich durch die Stimmung auf dieser schwimmenden Insel nicht aus der Ruhe bringen lassen.
War meine Wahl wirklich richtig? Will ich mich in das Abenteuer Kanu fahren wirklich stürzen?
„Magda, come on, your turn“, ruft mein Guide mir zu und hält lässig mit einem Fuß die schwimmende Gondel fest. Jetzt habe ich wohl keine Wahl.
Umständlich steige ich in das wackelige Gefährt, verstaue den wasserfesten Beutel im Fußraum und greife – hoffentlich souverän – das Paddel.
Sehnsüchtig fällt mein Blick auf die größeren Ruderboote, in denen bequem die beiden
älteren Damen und die jungen Chinese sitzen und schon ihren Ausflug durch die Weite der Halong Bay starten.
„Have fun!“, ruft Peter, der Guide und versetzt dem Kanu einen festen Stoß.
„Und was jetzt?“, rufe ich nach hinten zu meinem Kanupartner. Hoffentlich hat er das schon einmal gemacht.
„Weiß auch nicht, lass’ uns einfach mal drauf los paddeln“, kommt es zurück. Na klasse!
Die ersten Versuche schlagen furchtbar fehl. Wir paddeln wie bekloppt, aber außer viel Wasser ins Boot zu holen, schaffen wir nur wenige Meter. Und die auch noch geradeaus.
„Magda, turn right!“, ruft Peter noch hinterher. Warum kann er sich ausgerechnet meinen Namen merken?
Die nächste schwimmende Insel kommt uns verdammt nahe, aber im letzten Moment haben wir doch den Dreh raus. Ein paar entschiedene Züge bringen uns endlich auf den richtigen Kurs. Jetzt heißt es: Schnell zu den anderen aufschließen.
Aber nach ein paar Metern wird unser Rhythmus langsamer. Warum überhaupt so schnell aufschließen. Wir halten still und realisieren zum ersten Mal, wo wir überhaupt sind. Wir treiben tatsächlich durch die Halong Bucht.
Unser Kanu treibt langsam durch tiefes, türkisfarbenes Wasser. Um uns herum ragen die Felsen meterweit in die Höhe, wir müssen die Köpfe ganz in den Nacken legen. Und wir hören: Absolut nichts. Die Boote und anderen Kanus sind schon viel weiter vorne, nur das leise Plätschern des Wassers begleitet unsere Fahrt.
Wir paddeln weiter und treiben langsam an einem schwimmende Dorf vorbei. Die Bewohner scheinen daran gewöhnt, bei ihrer Arbeit und ihrem Leben auf dem Wasser beobachtete zu werden – viele Winken uns zu.
Erstaunlich, wie ein Leben auf so engem Raum, dauerhaft auf dem Wasser überhaupt möglich ist. Aber alles scheint vorhanden. Sogar laufende Fernseher sehen wir durch die weit offenen Türen der kleinen Häusschen.
Die Kulisse ist überwältigend. Die Kalkfelsen ragen riesig in die Höhe, während die bunten Häuser eine kleine Farbkette entlang des vielen Grüns bilden. Das Wasser mit
dieser wunderschönen Farbe – trotz des bewölkten Himmels – ein perfektes Bild.
Wir kommen wieder einige Meter voran und halten auf eine weitere Besonderheit zu.
Vor uns erhebt sich ein weitere Felsformation mit einem kleinen, niedrigen Durchbruch in der Mitte. Die größeren Boote und die meisten Kanus sind schon durch.
Ganz souverän steuern auch wir durch diese Lücke und schon wieder staune ich: Die Felsen sind nicht nur hoch, sondern auch ziemlich breit.
Wir sind durch und es bietet sich ein völlig anderes Bild. Während hinter uns die Felsen dicht zusammen stehen, sehen wir vor uns sehr viel Weite. Das Wasser wird nur gelegentlich von Felsen unterbrochen, auch die Farbe ist nicht mehr so grün und frisch.
Aber eines bleibt: Die Stille um uns herum ist fast schon hörbar.
Unser Kanu gleitet durch das ruhige Wasser und schon sind wir am Ende unsere Tour angekommen, die schwimmende Insel – unser Start- und Zielpunkt ist schon zu sehen. Viel zu schnell verging die Zeit.
Die Idylle inmitten des sonst so lebendigen und lauten Vietnams. Die Felsen, die so erstaunlich und wie aus dem Nichts in die Höhe ragen. Das leise Plätschern der Wellen, die gegen unser rotes Kanu schlagen.
Ich habe viel gelesen über diesen Ort, das UNESCO Kulturerbe, die Touristen-Hochburg Vietnams. Und doch habe ich sie ganz anders erlebt. Viel stiller. Viel größer. Viel magischer. Das können Worte kaum beschreiben, da kommt kein Foto ran.
Halong Bay, du kleine große Perle – bleib so wie du bist. Ich besuche dich bald wieder!
Was hat dich am meisten in der Halong Bucht begeistert? Ab damit in die Kommentare.
Wow, großartig!
Hallo Dirk,
freut mich, dass dir der Artikel gefällt 🙂 Warst du auch schon einmal in der Halong Bucht?
Das Kayaking wurde doch mal verboten, gilt das aktuell noch?
Hallo Markus,
da kann ich gerade aus ganz frischer Erfahrung berichten: Wir waren von Juni bis August in Vietnam unterwegs und haben wieder eine Tour durch die Halong Bucht gemacht und waren ebenfalls wieder mit dem Kayak unterwegs. Daher ist es zurzeit definitiv nicht verboten. Was tatsächlich nicht mehr so häufig geht, ist direkt vom Boot ins Wasser springen. Bei unserem Anbieter ging es tatsächlich nicht, dafür sind wir an einen kleinen Strand gefahren, von wo aus wir dann schwimmen konnten. Da lohnt sich auf jeden Fall beim Veranstalter nachzufragen.