Jetzt mal unter uns: Du kannst Vietnam nicht besuchen, ohne der Halong Bucht einen Besuch abzustatten. Zumindest nicht, wenn der Norden Vietnams auch auf deiner Route steht.
So viel Positives man hört oder liest oder auch vielleicht auf Fotos und in Videos sieht, ein Vorurteil hält sich leider hartnäckig: Da wirst du doch nur abgezockt! Die Touren sind nur auf Touristen ausgerichtet, völlig überteuert und Massentourismus ist es auch noch.
Was also tun?
Ich empfehle: Eigene Erfahrungen machen statt sich auf die Meinung anderer zu verlassen. War also absolut klar, dass ich mir die Halong Bucht nicht entgehen lasse in Vietnam.
Vorher buchen, vor Ort buchen, gar nicht buchen?
Auch wenn ich für den Trip durch Vietnam nicht besonders viel im Voraus geplant habe, so war ich durch einige Horrorberichte etwas skeptisch. Fast in jeder Saison liest und hört man von Booten, die abgebrannt und untergegangen sind. Ich entschied mich deswegen für eine Buchung im Voraus (wobei natürlich auch hier keine Garantie gegeben wird, dass dich statt des gebuchten hübschen Bootes nicht doch ein rostiger Kahn erwartet).
Nach langem Suchen und vielen Blogs und Reiseberichten war die Entscheidung gefallen: Es geht mit Ocean Tours für 3 Tage und 2 Nächte durch die Halong Bucht. Dabei sollte ich eine Nacht auf dem Boot und eine Nacht im Strand-Bungalow auf Cat Ong verbringen – einer kleinen Privatinsel, die 4 km von Cat Ba entfernt liegt.
Day 1 – Garden Bay
Der erste Tage startet um 7 Uhr früh (bin absolut kein Frühaufsteher!). Ich werde in meinem Hotel abgeholt und die 4-stündige Fahrt zur Halong Bucht kann beginnen.
Unser Guide im Bus hält uns mit allerlei Geschichten zu Vietnam wach („No motorbike, no girl“), obwohl die Stimmung recht schläfrig ist. Ziemlich genau 4 Stunden später erreichen wir den Hafen. Das Klima ist im Gegensatz zu Hanoi schon deutlich wärmer und tropischer, sogar die Sonne zeigt sich. Die Stimmung am Hafen entspricht zumindest den Beschreibungen im Internet. Die einzige Gruppe sind wir nicht, Menschen soweit das Auge reicht und doch läuft alles gut organisiert ab. Nach kurzer Wartezeit kommt ein kleines Transfer-Boot, welches uns zu unserem heutigen Zuhause schippert – der Garden Bay.
Das Schiff fährt sofort los und mich zieht es eigentlich direkt an Deck, aber da die Tour Vollverpflegung beinhaltet, muss ich gezwungenermaßen still sitzen, den Willkommens-Drink akzeptieren, die Willkommens-Rede unseres Kapitäns hören und danach – obwohl ich kaum noch ruhig sitzen kann – das Mittagessen über mich ergehen lassen. Hier untertreibe ich etwas, denn das Essen ist absolut fantastisch. Danach dürfen wir endlich an Deck.
Unglaubliche Welten
Und hier wird mein Bericht stockend. Auch wenn mir sonst selten die Worte fehlen, ist das Beschreiben der Halong Bucht schwierig. Ich bin überwältigt! Obwohl der Himmel ziemlich bewölkt ist und das Wasser bei Sonnenschein bestimmt noch türkiser erscheint, ist die Stimmung plötzlich wie verzaubert.
Alle an Bord sind ergriffen und kaum einer spricht, auch wenn eben beim Essen der Geräuschpegel nicht zu ignorieren war. Die Felsformationen, die zunächst noch ziemlich weit weg sind, kommen dem Schiff immer näher und ich kann mich nicht entscheiden, ob ich fotografieren oder das Spektakel live erleben will ( jedes Mal aufs Neue dieses Dilemma!).
Nach der ersten Stunde legt sich meine Aufregung und ich genieße vom Liegestuhl aus die Landschaft. Sogar die Sonne zeigt sich und mir ist völlig klar, warum das als Weltkulturerbe zählt.
Wo sind denn nun die Massen an Touristen? Auf meinem Boot sind wir noch nicht mal 20 Leute, das Alter und die Nationalitäten sind bunt gemischt. Und auch um mich rum sehe ich nur einige wenige Boote. Bis auf die Schiffsmotoren herrscht Stille. Im Augenblick fühle ich mich noch nicht in der Touristenfalle gefangen.
Nach einiger Zeit gehen wir vor Anker und ich stehe vor einer schweren Entscheidung: Großes Ruderboot mit 10 anderen oder „abenteuerlich“ mit dem Kanu. Zwar bin ich noch nie gepaddelt, aber so schwer kann das ja nicht sein. Oder?
Besonders blöd ist allerdings, wenn der Guide ausgerechnet deinen Namen schon auswendig kann. Dann kann er dir panisch „Magdalena! Turn right, turn right!“ hinterher brüllen, wenn du volle Kanne auf die anderen geparkten Kanus zusteuerst und keine Ahnung hast, wie du „right“ bewerkstelligen sollst.
Nach einigen Startschwierigkeiten geht es endlich in die richtige Richtung.
Was mir als erstes auffällt: Es ist unglaublich still. Man hört bis auf das gelegentliche platschen der Paddel im Wasser absolut nichts. Und das nächste: Die Felsen sind aus der Nähe noch riesiger als vom Boot aus. Ich kann fast nicht paddeln, schon wieder will ich lieber mit offenem Mund durch die Gegend starren.
Zwischenzeitlich komme ich an einem der wenigen verbliebenen schwimmenden Fischerdörfer vorbei. Faszinierend zu beobachten, wir die Familie ihr Leben in einer einzigen winzigen Hütte auf dem Wasser gestalten.
Nachdem ich mir meinen Weg schon ziemlich souverän durch einen Felsen hindurch gepaddelt habe, geht es wieder zurück aufs Boot. Mittlerweile ist der frühe Abend angebrochen, die Happy Hour an Bord eröffnet und alle genießen die letzten Sonnenstrahlen und Blicke auf die Felsen.
Ein Kurz-Kochkurs für original vietnamesische Frühlingsrollen und ein 8-Gang-Menü beschäftigen uns alle am Abend, aber besonders lange wach zu bleiben schafft keiner.
Day 2 – Perlenfarmen und andere Abenteuer
Nach Thai-Chi an Deck (okay gelogen. Ich habe aus einem Liegestuhl aus zugesehen) und Frühstück besuchen wir die Surprising Cave. Und da sind sie dann schließlich, die Touristen. In der Bucht vor der Höhle liegen unzählige Boote vor Anker. Hier treffen sich alle: Sowohl die, die einige Nächte auf See verbringen, wie auch die Tagestouristen, die die Halong Bucht in einem Tag abfahren.
Die Höhle – in Wirklichkeit handle es sich um 3 aufeinander folge Höhlen unterschiedlicher Größe – ist schnell durchwandert, eine Möglichkeit, in Ruhe stehen zu bleiben und den Blick etwas länger schweifen zu lassen, gibt es tatsächlich durch die vielen Besucher nicht. Trotzdem ist die Höhle mit ihren unterschiedlichen Lichtern einen Besuch wert.
Kajak, die zweite
Ich wechsle mit einigen anderen auf ein sogenanntes Day Boat und nach einem Kurzbesuch einer Perlenfarm, steuern wir unseren nächsten Ankerplatz in einer Bucht an. Unterwegs kommen wir wieder an einigen schwimmenden Siedlungen der Fischer vorbei und erfahren, dass Vietnams Regierung die Familien finanziell unterstützt, wenn sie das Fischerleben auf dem Wasser aufgeben. Dabei geht es in erster Linie um die Kinder. Die Möglichkeit eine schwimmende Grundschule zu besuchen besteht zwar und wird auch wahrgenommen, allerdings gibt es danach keine Weiterbildung. Für eine weiterführende Schule müssten die Kids an Land ziehen, aber kaum eine Familie kann sich das leisten. Die Fischerdörfer sind also – so faszinierend sie uns erscheinen mögen, bald nicht mehr vorhanden.
In unserer Bucht, in der sich sonst nur noch drei weitere Boote befinden, kann ich direkt unter Beweis stellen, was ich am Vortag gelernt habe: Dieses Mal muss mir niemand hinterher rufen, ich bezwinge das Kanu von Anfang an.
Nach einer ausgedehnten Tour durch Felsen und weitere kleinere Buchten kehre ich nicht auf das Day Boat zurück. Für mich geht es auf einem anderen Boot weiter Richtung Cat Ong. Ich muss zugeben, die logistische Aufgabe, wann wer auf welchem Boot zu sein hat, wird grandios gelöst und begeistert mich.
In den nächsten zwei Stunden muss ich nichts weiter tun, als die Felsen an mir vorbeiziehen zu lassen, gelegentliche Buchten mit kleinen Stränden entdecken und mich entspannen. Touristenmassen? Auch hier nicht vorhanden, uns begegnet kaum ein Boot und mit mir reist nur ein weiteres Pärchen.
Cat Ong – ein kleines Paradies
Endlich erreichen wir die Insel und ich traue meinen Augen kaum. Die Insel scheint winzig, eigentlich nur ein kleiner Strand, auf dem neben dem Haupthaus nur einige wenige Bungalows stehen – natürlich alle mit Blick Richtung Meer. Die Häuschen sind liebevoll mit unzähligen Muscheln dekoriert und das Doppelbett mit Moskitonetz wirkt irre gemütlich. Obwohl das Wetter heute nicht gut mitspielt und eine frische Brise weht, lasse ich mir nicht die Möglichkeit entgehen, den Abend auf meiner Terrasse und Blick aufs Meer zu verbringen. Hier muss ich allerdings zufügen, dass ich leider nicht besonders viele positive Erfahrungen zu dieser Unterkunft in der Zwischenzeit gehört habe. Ich kann an meinem Besuch überhaupt nichts aussetzen, aber scheinbar hat der Service und vor allem die Sauberkeit etwas nachgelassen. Auch hier gilt also: Eigene Erfahrungen sammeln!
Day 3 – Radfahren ist nicht meins
Der letzte Tag bricht an und den verbringe ich nicht in der Halong Bucht auf dem Wasser sondern erkunde auf einer Radtour die große Nachbarinsel Cat Ba. Und die ist ziemlich hügelig! Wir radeln durch Reisfelder und kleine Ortschaften. Habe ich erst mal einen der Hügel erklommen, werde ich auch mit einem Blick übers Meer und die Felsen der Halong Bucht belohnt. Das Mittagessen nimmt unsere kleine Gruppe von fünf Teilnehmern bei einer Familie ein und weil es danach doch recht windig und kalt ist und wir alle geschwitzt sind von unsere Tour, dürfen wir unseren Tee im Wohnraum der Familie einnehmen.
Obwohl eine Kommunikation nicht möglich ist, da die Familie kein englisch und wir kein vietnamesisch sprechen, sitzen wir entspannt zusammen da, als würden wir uns alle kennen.
Danach gehts mit dem Speedboat zurück nach Halong und dann mit dem Bus zurück nach Hanoi.
Und wie war es nun?
Touristenmassen, die durch die Natur wälzen. Partyboote, die nur laut sind. Stimmung kommt überhaupt nicht auf. Das könnte man erwarten, wenn man sich mit der Halong Bucht auseinandersetzt.
Ich habe es anderes erlebt. Türkises Wasser mit atemberaubenden Felsen, ruhige Buchten mit nur wenigen anderen Booten und stille Kanu-Touren durch diese großartige Landschaft. Mein Boot sah für meinen ungeschulten Blick gut in Schuss aus, Essen war fantastisch, ich wurde gut begleitet und auch mal in Ruhe gelassen. Alle Guides wussten zu jeder Zeit auf welchem Boot ich eigentlich sein sollte und der Abend im Bungalow bleibt trotz Kälte einer meiner Höhepunkte.
Es mag sein, dass meine Erfahrung daran liegt, dass ich ein bisschen mehr Geld in die Hand genommen habe. Ich hätte diese Tour – hätte ich direkt in Hanoi gebucht – wahrscheinlich auch etwas günstiger bekommen. Aber gemessen an der Anzahl der unterschiedlichen Anbieter in der Hauptstadt, wäre ich etwas überfordert gewesen. Willst du also vor Ort buchen, musst du dafür etwas Zeit einplanen.
Natürlich kann man die Halong Bucht auch schneller bereisen, sich nur einen Tag gönnen, gar nicht dort schlafen. Aber ich fand meine 3 Tage/2 Nächte genau richtig. Klar gab es auch richtig touristische Ausflüge, wie die Surprising Cave und die Perlenfarm, aber mit dem Kanu alleine durch die unterschiedlichen Buchten paddeln – unbezahlbar!
Ich empfehle: Fahr auf jeden Fall hin, buch eine Tour, nimmt dir ein paar Tage Zeit. Lass die Landschaft auf dich wirken, gib dir Zeit, sie zu genießen. Und wenn es ein paar Grad wärmer ist als bei mir, dann ergreif die Gelegenheit und geh schwimmen.
Habe ich nicht gemacht, muss also wiederkommen!
Wie sind deine Erfahrungen in der Halong Bay? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
Hallo Magdalena!
Ich kann das nur unterstreichen! Auch für mich war die Halong Bay eines der Highlights meiner Vietnamreisen. Und auch bei uns ging es ganz ruhig und gemütlich zu. Wir waren eine Nacht am Schiff und sind dann in ein anderes Boot umgestiegen, dass uns nach Cat Ba gebracht hat. Am Weg dorthin haben auch wir auf einer kleinen Insel halt gemacht die sogar noch etwas kleiner war als Cat Ong. Es war einfach traumhaft, weil bis auf unsere kleine Crew und die paar Leute die dort wohnen waren wir ganz alleine. ?
Ich denke, dass jeder der der Halong Bay eine Chance gibt am Ende genauso verzaubert sein wird wie wir!?
Liebe Grüße,
Nicole
Hallo Nicole,
vielen Dank für deinen Kommentar. Da kann ich dir nur zustimmen: Wenn man sich ein bisschen mit dem Thema auseinandersetzt und nicht gleich die billigste Tour bucht, dann kann man eine wahnsinnig tolle Zeit in der Halong Bucht verbringen. Weißt du noch, wie die Insel hieß, auf der ist Pause gemacht habt? Das würde mich ja interessieren.
Liebe Grüße
Magdalena
Hallo Magdalena,
… wegen des Titels bin ich auf Deine Seite hier gestoßen. Und ich kann nur bestätigen – ich fand die Ha Long Bucht wunderschön, ja, es sind Massen dorthin unterwegs und nein, abgesehen von der einen Riesenhöhle und der vollen Ankerbucht in der Nacht, wo rund 30 Boote liegen, kam trotzdem kein Eindruck von „Massentourismus“ auf. Das die Boote alle in einer Bucht liegen, ist sicher auch absichtlich so gesteuert – sonst wäre das Naturparadies Ha Long Bucht nachts überall mit Menschen/ Maschinen/ Schiffen überfüllt und dann gäbe es dort wohl nur noch „robustere“ Natur, die eben damit klarkommt.
Das einzige kleine Ärgernis (man kann’s auch lustig sehen, aber es war sehr kalt) war mein nasser Hintern nach der ersten Kayak – Tour, das lag m.e.n. am Bootstyp.
Und – ich würde jedem empfehlen, unbedingt zwei Übernachtungen zu buchen, nicht nur eine – sonst ist man mehr im Bus als auf dem Wasser…
Liebe Grüße!
Bernd
Hallo lieber Bernd,
vielen Dank für deinen schönen Kommentar und dass du dein Erlebnis geteilt hast. Sehe ich absolut so wie du! Wir waren 2019 erneut für einige Zeit in Vietnam und auch wieder in der Halong Bucht unterwegs und weiterhin kann ich dir nur zustimmen: Sofern man ein bisschen mehr Geld in die Hand nimmt und mindestens 2 Nächte bleibt, ist man echt abseits der Tagesboote. Bei diesem Ausflug lagen nur wir und noch 2 andere Boote über Nacht in einer Bucht. Traumhaft! Jedes Mal wieder Gänsehaut.
Viele Grüße
Magdalena